• Kazim Erdogan

Kazim Erdogan

N+Stifter im Gespräch

02. Aug. 2011 –

Kazim Erdogan hat einiges bewegt. Der Mann aus dem anatolischen Gökceharman, der 1974 am Zoo ankam, zeitweise in Abschiebehaft saß, dann an der Freien Univesität studieren konnte und nun schon seit vielen Jahren in Neukölln lebt und arbeitet, ist Initiator der Neuköllner Sprachwoche und der ersten türkischen Vätergruppe. Für 2012 plant er erstmals eine Sprachwoche in allen Bezirken. Die Überwindung der Sprachlosigkeit ist das Anliegen des N+Gründungsstifters. Lesen Sie nachfolgend das Gespräch, das Dr. Kurt Anschütz mit Kazim Erdogan führte.

 

 

Kurt Anschütz: Vor zehn Jahren nahmen nur Wenige Notiz von Deiner Arbeit. Aber inzwischen bist Du ein bundesweit befragter Experte in Sachen Integration geworden. Deine Arbeit mit türkischstämmigen Männern gilt als beispielgebend, die von Dir erfundenen Neuköllner Lesewochen werden inzwischen in anderen Städten nachgemacht, und die Auszeichnungen häufen sich …

 

Kazim Erdogan: … na und? Aber ich freue mich, wenn anerkannt wird, dass ich in den vergangenen Jahren einiges bewegt habe. Wahrgenommen wird meine Arbeit seit 2006, als ich die erste Neuköllner Lesewoche organisierte. Bis dahin war ich sehr pressescheu, ich wollte nicht an die Öffentlichkeit gehen. Du sagst: „Integration“. Entschuldige, aber das ist heute doch nur noch eine Worthülse. Darüber müssen wir reden.

 

Lass uns mit Deiner eigenen Zuwanderungsgeschichte anfangen! Sie begann unter sehr prekären Bedingungen in West-Berlin, Du warst damals 22 Jahre alt. Aufgewachsen bist Du in Gökceharman, einem anatolischen Dorf von 360 Einwohnern: kurdische Großfamilie, sehr bescheidene wirtschaftliche Verhältnisse, aber Eltern, die Dich aufs Gymnasium nach Erzurum schickten. Du wurdest der erste Abiturient im Dorf. Die Aufnahmeprüfung an der Universität Ankara war kein Problem, doch das Geld fehlte. Ein Jahr lang hast Du gejobbt, dann machte Dir ein Onkel Hoffnung, dass in Berlin alles besser wäre.

 

Abschiebehaft und Weg

 

Deutschland war unser Traumland. Am 5. Februar 1974 bin ich am ZOO angekommen. Aber nichts war leicht. Geld fehlte auch hier, also musste ich wieder jobben: Transporteur für Kühlschränke und Fernseher, ich selbst wog nur 61 kg. Ich konnte kein Deutsch, und einen gültigen Pass hatte ich auch nicht. Sieben Monate später saß ich in Abschiebehaft, von Freitag bis Montag, Augustaplatz Nummer 5 in Steglitz. Aus der Haft heraus rief ich einen befreundeten syrischen Kurden um Hilfe an. Er besorgte mir die Zusage der Freien Universität, dass ich dort mit einem Deutschkurs anfangen könnte. Da ließen sie mich laufen. Im Oktober habe ich mich an der FU eingeschrieben, 1979 schloss ich mein Studium in Psychologie und Soziologie ab.

 

34 Jahre nach der Abschiebehaft wirst Du in unserem ersten Interview der Reihe N+Stifter im Gespräch sagen: „Das Auftaktfest der Neuköllner Lesewochen 2008 wurde von etwa 6.000 Menschen besucht. Es konnte auf dem Richardplatz stattfinden. Darauf bin ich stolz: Ein Mensch mit türkischem Migrationshintergrund hat zum ersten Mal den Richardplatz sperren lassen – für Literatur! Ja, darauf bin ich stolz.“ Das hättest Du Dir auf dem Augustaplatz nicht träumen lassen.

 

Wie sollte ich? Da empfand ich Scham, und Angst hatte ich auch. Aber auf dem Richardplatz konnte ich stolz sein.

 

Warum bist Du nicht zurückgewandert?

 

Mein Plan war gewesen: Ich will studieren und dann zurückkehren, damit ich mich den Menschen in meinem Land widmen kann. Aber inzwischen waren faschistische Regierungen in der Türkei an der Macht, ich konnte nicht zurück. Da kam ein Angebot vom Senator für Schulwesen. An der ehemaligen Ulrike-von-Levetzow-Oberschule in Tiergarten habe ich dann zehn Jahre vor allem Kinder aus der Türkei unterrichtet.

 

Ein erfolgreicher Weg!

 

Ja, ich hatte hier meine Aufgabe gefunden. Und gleichzeitig auch meine Frau, Gülüsan war auch erst einige Jahre in Berlin. Und dann kamen unsere beiden Töchter! Und beruflich ging es auch weiter. Die Volksbildungsstadträtin von Schöneberg holte mich in die Schulpsychologische Beratungsstelle des Bezirksamtes. Vierzehn Jahre lang war ich zuständig für alle Probleme, die mit der Schule zu tun hatten, ich war Anlaufstelle für Lehrer, für Eltern, Schülerinnen und Schüler, vorwiegend mit türkischem Hintergrund. Seit 2003 arbeite ich nun im Psychologischen Dienst des Bezirksamtes Neukölln. Meine Klienten sind Frauen, Männer und Familien in schwierigen Lebenslagen, nach wie vor zumeist mit türkischen Zuwanderungsgeschichten.

 

In diesen acht Neuköllner Jahren hast Du Dir Deine große öffentliche Reputation erarbeitet. Du hältst den Begriff „Integration“ für diffus. Dann wollen wir beschreiben, um was es Dir geht. Beginnen wir ganz menschennah: „Kazim Abi“ nennen sie Dich, selbst wenn sie Deine Kinder oder Deine Eltern sein könnten - „Großer Bruder Kazim“. Wie schaffst Du das?

 

Ach, das fällt mir doch nicht schwer! Natürlich sein, Empathie mitbringen und ein Mensch sein, der nicht davon ausgeht, was er ist, sondern was er war - so bin ich. Ich denke nicht taktisch, ich rede sehr direkt. Witz und Humor dürfen nicht zu kurz kommen, das Leben ist schwer genug. Ich bin ungeduldig, aber wenn Jemand zwei Schritte falsch macht, finde ich das nicht schlimm, Hauptsache, wir sind einen halben Schritt weiter. Meine kritische Frage heißt: Kann ich den Menschen vermitteln: Ich bin für Dich da, Du bist willkommen bei mir?

 

Im Wesentlichen hast Du mit Menschen zu tun, die Defizite haben und die aus Niederlagen nicht alleine herauskommen. Woher nimmst Du auf Dauer die Kraft?

 

Ich sehe hier nicht zuerst die Niederlagen. Jeder von diesen Menschen ist ein Schatz, ein Plus. Sie selbst sehen sich nicht so, aber ich sehe sie so. Und deshalb kann ich versuchen, diesen Reichtum aus ihnen „herauszukitzeln“. Jede negative Tat, jede Verweigerung und jeder Mangel hat auch Gründe. Mit diesen Gründen müssen wir uns auseinandersetzen. Wenn man den Schwerpunkt auf die Tat legt, spielt der Mensch mit seiner Geschichte keine Rolle mehr. Es geht nicht um die Tat, sondern um die Menschen. Je mehr ich sie kennen lerne, je tiefer und je geordneter ich mit ihnen zusammenarbeite, desto mehr positive Seiten entdecke ich in ihnen. Und das motiviert mich dann. Es ist also gerade umgekehrt: Sie nehmen mir nicht Kraft, sondern sie schenken sie mir.

 

Scham und Ehre

 

Du machst vermutlich oft die Erfahrung, dass gerade in der Zuwanderungsgeschichte ein Mensch um seinen Reichtum gebracht wird.

 

Das wird dann schlimm für alle. Nur eine Geschichte: Eine 20-jährige Frau heiratet in der Türkei. Sie hat von einem Wohlstandsland geträumt, vom Paradies mit Auto, Haus und Familienglück. Aber schon in der ersten Woche in Berlin fühlt sie sich wie in der Hölle: All das, was man ihr versprochen hat, stimmt nicht. Ihr Mann lebt von HARTZ IV, er hat keine soziale Stellung, und so lässt er auch ihr keinen Raum. Kinder kommen, sie kann kein Deutsch. Und sie schämt sich, in die Bildungseinrichtungen zu gehen, denn dort gibt man ihr einen Stempel: „Bildungsfern!“ Ach, wenn die Bildungseinrichtung sagen würde: „Sie geben sich Mühe mit den Kindern, Sie wollen das Beste für sie, wie schön, dass wir Ihnen helfen dürfen!“, dann würde sie sich freuen. Und dadurch würde Kraft in ihr frei, da könnte sie dann herauskommen mit ihren Qualitäten. Aber wenn man ihr vorwirft: „Sie sind zehn Jahre in Deutschland und sprechen noch immer nicht deutsch!“, dann beschämt man sie. Weil sie sich schämt, geht sie nicht hin.

 

Heißt das: Indem wir sie beschämen, fixieren wir sie in ihrer Hilflosigkeit und stellen dadurch ihre „Verweigerung“ auf Dauer? Unsere fehlende Empathie bringt sie um ihre Ressourcen?

 

Gewiss. Solange Akzeptanz und Anerkennung fehlen und wir den Menschen, die in ihrer früher gültigen Kultur doch soziale Geltung hatten, nicht die Möglichkeit geben, in ihrer neuen Welt positiv aufzufallen und ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, solange sorgen wir dafür, dass sie Opfer ihres Schamgefühls werden, Daueropfer. Und parallel dazu klagt die Bildungseinrichtung, dass sie nicht integrationswillig sei! Noch ein Beispiel: Einem Mann ist die Frau davongelaufen, weil er sie schlecht behandelt hat. Er kapselt sich ab, denn er ist so erzogen worden, dass er über bestimmte Probleme nicht sprechen kann. Er verfällt dem Alkohol, wird depressiv. Also wieder ein Stempel: „Gescheitert!“ Wie an ihn herankommen? Bevor wir „Integrations“-Bewertungen festsetzen, müssen wir die individuellen Wirklichkeiten viel stärker berücksichtigen. Übrigens gilt das nicht allein für Zugewanderte, sondern auch für alle anderen, die aus der Gesellschaft herausgefallen sind.

 

Über Deine Arbeit mit türkischen Männern ist inzwischen ein Buch erschienen: „Halbmondwahrheiten“. Auch bei ihnen geht es um Scham, wenn sie über „Ehre“ reden.

 

„Ehre“: Was meine Eltern in Anatolien gesagt haben, ist hier leer und hohl. Wenn Menschen sich damit nicht auseinandersetzen können, dann müssen wir ihnen helfen und gemeinsam den Begriff mit Inhalt füllen. Vor allem ist das auch nicht ein Begriff, den die Männer pachten dürften. Auch die Kinder, auch die Frauen haben Ehre. Drei Jahre haben die Männer die Vätergruppe besucht, und wir haben uns immer wieder gefragt: Wer ist ein Mensch, der Ehre hat? Welche Eigenschaften müsste er mitbringen? Es kam heraus: Er hilft, er klaut nicht, er lügt nicht, er macht nicht etwas nach, sondern arbeitet an sich selbst. Weil wir diese Frage immer aus ihren Lebensgeschichten heraus thematisiert haben, konnten sich die Männer verändern. Wichtig war, dass das Vertrauen wuchs, so dass wir keine Tabus mehr benötigten. Indem wir Scham überwinden, entdecken wir, wer wir sein können und was unsere „Ehre“ ist.

 

„Fördern und Fordern“ heißt die fortschrittliche Integrations-Formel: Aber nach dem, was Du eben gesagt hast, klingt das jetzt viel mehr nach Kalkül als nach Kultur. In Deinen Neuköllner Beispielen gibt es zwei Parallelwelten: Die Welt des Zugewanderten, die nicht auf ein Funktionieren im deutschen Kontext ausgelegt ist, und unsere Welt der Kosten-Nutzen-Rechnung, die knallhart auf Verwendungsfähigkeit aus ist: Wir wollen, wen wir gebrauchen können! Wie kommen wir voran?

 

Integration

 

Noch einmal: Die Grundbedingung aller „Integration“ ist der Beweis: „Sie sind hier willkommen!“ Also: Dem einzelnen Mensch müssen wir Beachtung schenken, ja tatsächlich: „schenken!“ Und nach jahrzehntelangen Erfahrungen sage ich zweitens: Vorbilder wirken am besten – also Menschen, denen man Vertrauen entgegenbringen kann, also auch hier geht es zuerst ums „Schenken“! Aus diesem Grund habe ich 2004 die „Initiative für ein noch besseres Neukölln“ gegründet. Ich habe damals Erzieherinnen und Erzieher und viele andere eingeladen, die mir kompetent schienen, etwa 30 Leute. Seither hat sich die Initiative wunderbar entwickelt, sie hat 80 Mitglieder, der Grad des Engagements ist unterschiedlich. Wir gehen in Schulen und in Kitas und sprechen mit den Erziehenden, und es gelingt uns, die Eltern zu erreichen. Die Menschen fühlen sich verstanden, sie nehmen uns als Vertrauenspersonen. Für diese Arbeit habe ich zwei Jahre später von der Bürgerstiftung Neukölln den Bürgerpreis bekommen - mein erster Preis! Das war der Durchbruch, plötzlich wurde ich öffentlich wahrgenommen. Bald darauf habe ich noch einen zweiten Verein gegründet: „Aufbruch Neukölln“, inzwischen hat er zwölf Projekte entwickelt.

 

Die gemeinsame Linie?

 

Die „Linie“ ergibt sich aus dem bereits bezeichneten Ausgangspunkt: Jeder Mensch hat Potenzial, und wenn es anerkannt würde, dann wäre er froh und stolz. Zum Beispiel haben wir einen multiethnischen Jugendverein gegründet. Die Ethnien kochen oft ihre eigenen Süppchen. Aber die Jugendlichen haben mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede, sie sind hier geboren, und sie sind die Zukunft Neuköllns. Sie müssen rechtzeitig in die Verantwortung für den Bezirk hineinwachsen. Sie haben sich an der Sprachwoche mitbeteiligt, eine Ausstellung organisiert und ein Stadterkundungsprojekt mit Kindern gemacht. Dreimal wöchentlich geben sie Nachhilfe für Grundschüler, das hilft Beiden.

 

Besonders vielsprechend scheint mir auch Euer Projekt „Unser neues Dorf“, es soll Brücken bauen zwischen Welten und Generationen.

 

Vier Generationen leben zusammen, aber wie kommt es zu einem Bund der Beziehungen? Wir treffen uns regelmäßig, tauschen unsere Erfahrungen aus, Experten werden eingeladen. Am Anfang waren wir ein Dutzend, jetzt sind wir immer mindestens 30, manchmal bis zu 90. Wir fragen nach unseren ursprünglichen Ressourcen, also den positiven Elementen eines anatolischen Dorfes: Hilfsbereitschaft, Wirgefühl, sich für die Kinder der Nachbarn interessieren. Und wir fragen, was für Tugenden hier benötigt werden, damit eine neue Gemeinde entstehen kann: die „Wir-in-Neukölln-lebenden-Menschen“. Es geht auch hier um die Überwindung der Sprachlosigkeit …

 

… die „Volkskrankheit Nummer 1“ …

 

… ja, so nenne ich sie. Die Menschen interessieren sich immer weniger füreinander. Wenn ich früher von Neukölln bis zur FU an den Thielplatz gefahren bin, hatte ich jedes Mal drei, vier Gespräche in der U-Bahn. Die Menschen waren neugierig aufeinander, sie hatten auch den Eindruck, dass sie etwas ganz Eigenes zu erzählen hätten. Die Fahrt von A nach B war nicht nur Transport, sondern sie wurde zur Möglichkeit für C.

 

Die Aufwertung des öffentlichen Raums zum Ort des Kommunizierens – das ist Dein Ziel mit den Neuköllner „Wochen der Sprache und des Lesens“. Das Vorlesen ist Vehikel zum Austauschen von Sinn und zur Weitergabe von Kultur: Mit dem, was zu uns geredet hat, sprechen wir zu anderen …

 

Gesamtberliner Lesewochen 2012

 

… ja, alles, was möglich ist, sollten wir tun, damit Menschen zum Reden und zum Zuhören kommen. Dreimal hat das ganz wunderbar funktioniert. Große und Kleine, Alt- und Jung-NeuköllnerInnen haben mitgemacht, sie haben Weltliteratur gelesen und Selbstgeschaffenes, in Dutzenden von Sprachen, an den unterschiedlichsten Orten. Die Wirkungsgeschichten gingen oft bis in die Familien hinein: Denn was draußen begeistert hat, kann zu Hause beredet werden. Als ich diese Idee 2005 bei der N+Werkstätte „Neukölln als Einwanderungsbezirk“ vorgestellt habe, wurde ich belächelt: „Wie soll das denn gehen - Neukölln und Kultur?“ Und nun organisieren wir von Neukölln aus die Gesamtberliner Sprachwoche für September 2012! Christina Rau ist unsere Schirmfrau, ihre Verdienste um das Integrationsmodell Rütli-Campus sind ja enorm.

 

Mitten in Deinen eigenen Projekten engagierst Du Dich auch in der Bürgerstiftung Neukölln.

 

Ich bin ein Gesellschaftsmensch und arbeite gerne mit netten Menschen zusammen. Wir haben ganz unterschiedliche Verhaltensmuster, aber eine gemeinsame Vorstellung von einem besseren Zusammenleben. Das macht mir Freude. Und hinzu kommt: Wir brauchen bleibende nachhaltige Institutionen. Die Bürgerstiftung wird auch in 200 Jahren noch da sein. Und es wird dann heißen: „Da war doch auch Kazim Erdogan aus Gökceharman und von Rudow, er hat das Fundament mit gelegt.“ Das ist doch ein tolles Erlebnis, ja, das ist sehr schön! Wir haben gute eigene Projekte, und wir unterstützen Dritte. Aber es fehlt an Kapital!

 

Zwei Fragen zum Schluss: Die Gretchenfrage zuerst.

 

Warum denn nicht? Meine Religion ist mein Herz. Mein Herz ist wie ein Grundstück, auf dem jeder Mensch Platz findet für eine bestimmte Zeit. Da steht auch ein kleines Häuschen, und das ist mein Gewissen. Es sagt mir: Du sollst nicht stigmatisieren und nicht diskriminieren. Es ist in meinem Dorf groß geworden: Bei Kälte und 1,50 Meter Schnee darf man Menschen nicht fortschicken, da hat man keine Wahl. Und das Schöne: Wer an der Tür klopft, ist bereit, eine Hilfe anzunehmen. Religionen trennen oft, ich möchte nicht für Trennungen sorgen. Meine Religion ist die Menschlichkeit. Aber auf ihr können wir Häuser mit hunderten Stockwerken bauen, damit sich die Menschen auch religiös heimisch fühlen. Es gibt Frauen und Männer, die sprechen mir religiöse Segenswünsche aus. Das berührt mich jedes Mal.

 

Und angesichts Deiner Unermüdlichkeit die Sysiphosfrage: Bist Du ein glücklicher Mensch?

 

Ja, ich bin gut angekommen und habe nicht vergessen, wer ich einmal war, „Kazim Abi“ ist das Ergebnis. Irgendwie hatte ich bisher ein glückliches Händchen. Ohne großes Konzept bin ich herangegangen, aber die Projekte haben kleine Erfolge erzielt, so dass ich immer weiter machen konnte. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten hätte, wenn drei, vier Projekte gescheitert wären. Und ich habe Selbstironie, in meinem Dorf haben wir viel gelacht.

 

Danke für den Samstagnachmittag!

 

PS.: Inzwischen ist Kazim Erdogan von der taz für den Panterpreis nominiert worden. Wer ihn unterstützen will, stimme für ihn!

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